Der Schulweg bleibt vorgeschrieben

Ratsdebatte: Warum Magdeburg an festgelegten Einzugsbereichen für die Grundschulen festhält. Für rund 2300 Mädchen und Jungen beginnt 2023 der sogenannte Ernst des Lebens – die Einschulung steht vor der Tür. Welchen Schulweg die Kinder einschlagen, bestimmt für die allermeisten Einschüler auch weiterhin die Stadt. Die freie Schulwahl greift erst ab Klasse 5.

Von den 38 Magdeburger Grundschulen sind 33 in kommunaler Trägerschaft. Wer die Schule für sein Kind frei wählen möchte, muss sich auch künftig unter den fünf Einrichtungen kirchlicher oder besonderer pädagogischer Prägung umtun. Für die staatlichen Grundschulen in Magdeburg bleibt’s beim Schuleinzugsbereich. Heißt: Die Stadt legt anhand von Schülerzahlen und des Stadtplans fest, welches Kind in welche Schule geht.

Eine große Ratsmehrheit folgte zur Dezembersitzung dem Verwaltungsvorschlag, dass die Verteilung von Amts wegen Bestand haben soll. Nach Untersuchung von drei Varianten legte Kerstin Richter, Fachbereichsleiterin Schule und Sport in der Stadtverwaltung, eindrücklich die Risiken und Nachteile einer Aufhebung der Schulbezirke dar. Konkret abgewogen wurden freie Schulwahl, Clusterbildung (freie Wahl zwischen mehreren Grundschulen im näheren Umfeld) und der Schuleinzugsbereich als bestehende Form der Grundschülerverteilung.

Richter räumte ein, dass die Idee der freien Wahl – Schulwahl allein nach Elternwunsch – auf den ersten Blick reizvoll klinge. Auf der Hand liege jedoch, dass die Eltern nicht passgenau so wählten, dass die Klassen in den 33 städtischen Grundschulen gleichmäßig gefüllt würden. So würde das Losverfahren alljährlich zum Regelfall. Neben enttäuschten Familien und Erstklässlern mit weitem Schulweg zur Ausweicheinrichtung fiele ein weiterer politischer Vorsatz in Magdeburg sozusagen flach. Im Sinne des Lernklimas und des Erhalts auch kleiner Schulstandorte an den Stadträndern hat der Stadtrat die Verwaltung angewiesen, pro Einschülerklasse im Schnitt 22 Kinder zuzuweisen. Rein rechtlich wäre die Füllung mit 28 Kindern möglich. Bei freier Elternwahl wäre eine Vollauslastung bei beliebten Schulen die Regel – anderenfalls drohten Elternklagen mit besten Siegchancen vor Gericht. Die Folge wären rappelvolle Klassen auf der einen und ob Schülermangels gefährdete Schulstandorte auf der anderen Seite. Das alles, so Richter vor dem Hintergrund aktuell rückläufiger Einschülerzahlen bei unklarer Perspektive sprunghafter Anstiege durch wachsende Migration und Zuzug (Intel).

Weil auch eine Clusterbildung die beschriebenen Risiken – wenn auch in kleinerem Ausmaß – berge, beharrt die Verwaltung auf Beibehaltung des Schulbezirks. Nach jahrelangen Kontroversen zur freien Schulwahl schon ab Klasse 1 sind deren Anhänger im Stadtrat rar geworden. Grüne und CDU schwenkten zur jüngsten Sitzung voll auf Verwaltungskurs ein, Linke und SPD hatten den Schulbezirk als Steuerungsinstrument seit jeher verteidigt. Übrig blieb als klassisches Lager pro freie Schulwahl nur die FDP (pro Elternwille und Wettbewerb unter den Schulen); neu hinzugekommen ist die AfD, die Eltern vor allem davor bewahren möchte, dass ihre Kinder Schulen mit besonders hohem Ausländeranteil besuchen müssen. SPD-Fraktionschef Jens Rösler fuhr die schärfste Parade kontra freie Schulwahl und vor allem das Wettbewerbsargument auf. Ihm schwelle der Hals, wenn er’s nur höre, so Rösler unter dem Beifall rotrot-grüner Reihen. Schulen seien kein Raum für Wettbewerb, sondern müssten gleiche Chancen für jedes Kind sichern. Auch Grüne und CDU geben in Zeiten von Lehrermangel und teils kippender Unterrichtsversorgung klar der Planungssicherheit den Vorrang. Die Stadt kann durch gleichmäßige Verteilung von Kindern immerhin Schulen mit relativ kleinen Klassen sichern. Die Lehrer muss das Land schicken und hat aktuell massive Probleme damit. Eine Ratsmehrheit will dem Land nicht auch noch dabei in die Hände spielen, Klassen zu vergrößern und kleine Einrichtungen zu schließen. Am Ende stimmten 32 Stadträte pro Schulbezirk und Zuweisung von Einschülern nach Wohnanschrift; vier AfD-Räte enthielten sich und insgesamt sechs Räte stimmten dagegen.

Volksstimme Magdeburg

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