Empörte Eltern: „Dafür bezahlen die Kinder“

Stadtelternrat kritisiert weiteren Aufschub für den schon 2018 beschlossenen Schulneubau in Ostelbien scharf
Die Interessenvertretung der Magdeburger Schülereltern, der Stadtelternrat, reagiert fassungslos auf die erneute Vertagung des Entscheids über den Grundschulneubau Ostelbien im Stadtrat und mehr noch auf die Äußerungen des Oberbürgermeisters, der überraschend den Bedarf infrage stellt.

Am Sonnabend berichtete die Volksstimme über die Behandlung des Themas im Rat und die abschließende Vertagung. Am Sonntag meldete sich die Stadtelternratsvorsitzende Dr. Annette Kirstein zu Wort. Auszüge aus ihrem offenen Brief:

„Nach jahrelanger Diskussion und Streiterei wurde im Stadtrat eine Einigung auf ein Grundstück für den vor zwei Jahren beschlossenen Grundschulneubau in Ostelbien sehnlichst erwartet. Da zauberte Oberbürgermeister Trümper plötzlich eine ganz neue Idee aus dem Hut: Statt die beschlossene Grundschule zu bauen und damit Platz an der Gemeinschaftsschule Thomas Mann zu schaffen, müsste nur die stadtweite Obergrenze von 17 Kindern pro Klasse in Grundschulen mit hohem Migrantenanteil aufgehoben und mit der Maximal-Kapazität von 22 Kindern gefüllt werden. Dann, so seine Rechnung, passten alle Magdeburger Einschüler in die im Stadtgebiet vorhandenen Grundschulen.“ Das klinge, so Kirstein, nach einer für die Stadt kostengünstigen Lösung. Allerdings bezahlten drei Gruppen von Kindern dafür.

Die Volksstimme berichtete am Sonnabend ausführlich über das erneute Scheitern eines Standortentscheides für den seit 2018 beschlossenen Grundschulneubau in Ostelbien.
Die Volksstimme berichtete am Sonnabend ausführlich über das erneute Scheitern eines Standortentscheides für den seit 2018 beschlossenen Grundschulneubau in Ostelbien.

„Erstens die Schülerinnen und Schüler an Grundschulen mit hohem Migrantenanteil. Hier leisten die Klassenleiter bereits jetzt Übermenschliches, weil sie aufgrund von Mangel an Förder- und Sprachlehrern die Integration und Inklusion vielerorts im Alleingang stemmen müssen.

Zweitens die künftigen Einschüler in Ostelbien, wo die vorhandene Kapazität bereits im Einschulungsjahr 22/23 um 16 Kinder überschritten ist. Entweder wird in den ersten Klassen dann zusammengerückt, oder die 16 überzähligen Kinder gehen in eine Grundschule auf der anderen Seite der Elbe. Da füllen sie dann die nächstgelegene Grundschule, woraufhin viele der dort ortsansässigen Einschüler ebenfalls keinen wohnortnahen Schulplatz mehr bekommen und weiterziehen müssen. Das führt wieder zu der derzeit heiß diskutierten jährlichen Verschiebung der Grundschul-einzugsbezirke.

Drittens bezahlen die ostelbischen Kinder ein weiteres Mal, wenn sie nach der Grundschulzeit die ostelbische Gemeinschaftsschule Thomas Mann besuchen wollen. Dort werden die Schulplätze aufgrund der Knappheit seit Jahren verlost. Steigende Grundschülerzahlen werden dieses Problem verschärfen. Kinder mit Los-Pech an der Mann-Schule werden üblicherweise der einzigen innenstadtnahen Gemeinschaftsschule, der Leibniz-Schule, zugewiesen. Die zieht jedoch in zwei Jahren in den Norden Magdeburgs um – ein weiter Weg für zehnjährige Ostelbier!“

Das Schlimmste aber sei, so die Stadtelternratsvorsitzende weiter, dass alle Schülerzahlen seit Jahren bekannt seien, und im Stadtrat spätestens seit der vorgezogenen Schulentwicklungsplanung vom 24. Januar 2018 offiziell. „Die Zahlen, aufgrund derer die Entscheidung über den Grundschulstandort Ostelbien letzte Woche vertagt wurde, sind also dieselben, auf deren Basis 2018 eben jener Neubau beschlossen wurde.“ Auch die von Trümper auf der letzten Stadtratssitzung erwähnte Knappheit an weiterführenden Schulen sei in der vorgezogenen Schulentwicklungsplanung von Anfang 2018 bereits dokumentiert, wenn man die Geburten- und Grundschülerzahlen entsprechend fortschreibe.

Mangel ist lange bekannt
„In den weiterführenden Schulen in Magdeburg fehlen im Schuljahr 2021/22 stadtweit zwei fünfte Klassen. Schon das ist eine Herausforderung, weil die weiterführenden Schulen bereits jetzt bis zur Kapazitätsgrenze gefüllt sind.“ Katastrophal werde es ab dem Schuljahr 22/23. Dann fehlten nach Kenntnis des Stadtelternrates jedes Jahr bis zu zwölf fünfte Klassen. „Zwölf fünfte Klassen wären vier fix und fertig eingerichtete dreizügige Schulen, die wir in zwei Jahren in Magdeburg brauchen“, rechnet Kirstein vor. In Ostelbien aber hätten zwei Jahre nicht einmal gereicht, sich auf ein geeignetes Grundstück zu einigen.

„Magdeburg braucht dringend Schulen!“, schließt die Stadtelternratschefin und regt an: „Schulen sollten so gebaut werden, dass die Räume je nach Bedarf als Grund- oder weiterführende Schule genutzt werden können. Das wäre auch ein Vorschlag für den Schulneubau in Ostelbien.“

Volksstimme Magdeburg

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