Sie sind vielleicht Sachsen-Anhalts Chefs von morgen: Kinder und Jugendliche, die heute noch Schülerfirmen leiten. Zehn dieser Firmen wurden gestern in Magdeburg mit Preisgeldern ausgezeichnet. Ein Geschäftsmodell: iPad-Kurse von Kindern für Senioren.
Wer die Loburger Grundschule besucht, könnte mitunter meinen, er sei im falschen Film. Als Lehrer stehen Dritt- und Viertklässler in den Räumen. In den Bänken: wissensdurstige Senioren. Was absurd klingt, ist bei genauem Hinschauen naheliegend. Denn die Kinder vermitteln nicht irgendwas. Dank der Ausstattung ihrer Schule mit modernen iPads wachsen sie als Experten für digitale Geräte – zu Neudeutsch „digital natives“ – auf. Ihr Wissen geben sie in Kursen an Senioren weiter.
„Die Kinder zeigen den Teilnehmern zum Beispiel, wie Word-Programme und die Internetrecherche funktionieren oder wie man eine Routenplanung erstellt“, sagt Schulleiter Ulf Hentrich. Die Idee entstand vor drei Jahren, inzwischen hat das Projekt Fahrt aufgenommen. Auch dank Werbung finden mittlerweile regelmäßig Kurse statt. „Wir hatten schon Teilnehmer aus Zerbst“, so der Schulleiter. Die Vorteile: Die Preise sind niedrig und meist steht jedem Teilnehmer ein Schüler als „Lehrpartner“ zur Verfügung.
Aus dem Projekt soll jetzt eine richtige Schülerfirma werden. Die nötige Anschubfinanzierung haben die „Loburger digi-kids“ gestern bekommen. Als eines von zehn Schülerprojekten im Land erhielten sie bei einem Ideenwettbewerb ein Preisgeld von 500 Euro – geehrt wurden daneben weitere kreative Projekte wie der Bau rollstuhlgerechter Hochbeete, das Designen von T-Shirts oder Mediatoren-Workshops.
Das Geld stammt aus einer Sammelaktion für gemeinnützige Vorhaben der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt (MBG) zu deren 25-jährigen Bestehen. Die MBG hat sich dabei nicht zufällig für das Projekt „Gründerkids – Schülerfirmen in Sachsen-Anhalt“ als Nutznießer ihrer Aktion entschieden, sagt Geschäftsführer Wolf-Dieter Schwab. „Unser Kerngeschäft sind auch im echten Leben Kapitalbeteiligungen an Firmengründungen und Betrieben, die damit ihre finanzielle Basis stärken.“ Gründerkids-Projektleiterin Claudia Köhler zeigte sich erfreut über die Aktion. Überhaupt sei Sachsen-Anhalt beispielhaft bei der Förderung von Schülerfirmen. So erhalte das Projekt Gründerkids unter dem Dach der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) auch regulär Mittel vom Wirtschaftsministerium und der EU. Der Erfolg kann sich sehen lassen: 150 Schülerfirmen gibt es aktuell im Land. Angestrebter Mehrwert: Schüler lernen früh eigene Ideen zu entwickeln und diese im Team in die Tat umzusetzen.
Zu den alten Hasen im Geschäft gehört eine Firma an der Salzwedeler Lessing-Ganztagsschule. Um dem kleinen Hunger in den Pausen zu begegnen, begannen Schüler dort schon vor 15 Jahren Brötchen und Tee zu verkaufen. Inzwischen gibt es Pita-Taschen, Würstchen und einen Tag pro Woche nur mit Bioprodukten. Um Einkauf, Verkauf und Abrechnung kümmern sich die Schüler selbst. Auch die Salzwedeler durften sich gestern über 500 Euro freuen. Das Geld will das Team für einen Koch-Abend verwenden, sagt Lehrerin Birgit Michelfeit. Allerdings nicht alles: Ein Teil fließt in eine Küchenmaschine für die Firma. Unternehmer müssen schließlich wirtschaftlich denken.
Volksstimme Magdeburg 03.03.2018