Sekundarschulen sind besonders betroffen / Linke warnt vor Spaltung der Schülerschaft
n Sachsen-Anhalts Schulen wird nicht nur weniger unterrichtet als vor knapp zehn Jahren, immer weniger Unterricht wird auch von voll ausgebildeten Lehrern erteilt. Besonders an den personell ohnehin schlecht ausgestatteten Sekundar- und Gemeinschaftsschulen steigt der Unterrichtsanteil durch Seiteneinsteiger, Referendare oder auch Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache. Das geht aus der Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die der Volksstimme vorliegt. Demnach stehen den Sekundarschulen von dem noch2013/14 planmäßig gegebenem Unterricht heute nur noch 74,5 Prozent zur Verfügung (bezogen auf die Schülerzahl von 2022/23). Davon wiederum werden nur noch knapp 84 Prozent von voll ausgebildeten Lehrern erteilt.
Bezogen auf die Unterrichtsstunden von 2013/14 ergibt sich, dass an den Sekundarschulen heute nur noch gut 60 Prozent der damaligen Unterrichtsmenge von voll ausgebildeten Lehrern gegeben werden. An den Grundschulen sind es knapp 75 Prozent, an Gesamt- und Förderschulen gut 80 Prozent. Allein die Gymnasien kommen auf mehr als 90 Prozent. „Durch die schwindende Verfügbarkeit voll ausgebildeter Lehrkräfte wird in den Schulen der Fachkräftemangel der kommenden Jahre geradezu produziert“, sagte Linke Politiker Thomas Lippmann. Das betreffe insbesondere die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, aus denen der größte Teil der Bewerber für die klassische Berufsausbildung etwa im Handwerk komme.
Die Spaltung der Schülerschaft durch die Entwicklung habe „eine gewaltige Dimension erreicht“. Die Maßnahmen, die die Landesregierung beim Schulgipfel im Januar verkündet habe, seien in Bezug auf die Dimension der Probleme „völlig unzureichend oder sogar kontraproduktiv“. Die Landesregierung hatte beim Gipfel unter anderem verpflichtend eine Stunde mehr Unterricht pro Woche für alle Lehrer und eine bessere Bezahlung für Grundschullehrer als Schritte gegen die Personalnot an den Schulen angekündigt. Notwendig wären aber vor allem der Ausbau der Lehramtsausbildung an der Universität Magdeburg und die Überwindung der „gescheiterten Schulform Sekundarschule“, sagte Lippmann.
Protest gegen die Beschlüsse kommt auch von der Schulleitervereinigung im Land. Deren Chef Andreas Slowig sagte: „Wir als Schulleiterinnen und Schulleiternehmen große Unruhe und Empörung in den Kollegien wahr. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind enttäuscht, dass ihre hohe berufliche Belastung noch weiter anwachsen soll.“ Die von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) getroffene Aussage, Lehrer in Sachsen-Anhalt würden mit Blick auf die Unterrichtsverpflichtung anderen Ländern nur gleichgesetzt, halte einer Prüfung nicht stand. Lehrer in Bayern oder Niedersachsen etwa stünden bis zu drei Stunden wöchentlich weniger vor der Klasse, in Thüringen und Sachsen erhielten Lehrer ab dem55. Lebensjahr Abminderungsstunden. Die Gewerkschaft GEW hat für heute, 16 Uhr, zu einer Protestdemo auf dem Domplatz in Magdeburg aufgerufen.