Debatte über Unterricht sonnabends / Schüler gegen Abi-Pflichtprüfungen
Um Unterrichtsverlust durch die Corona-bedingten Schulschließungen auszugleichen, fordert der sachsen-anhaltische CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller die Einführung einer 6-Tage-Woche an den Schulen. Zudem bringt er den Verzicht auf die Pfingstferien ins Spiel.
„Durch den Verzicht auf die Pfingstferien werden Eltern entlastet, die bereits Urlaubstage für die Betreuung ihrer Kinder aufwenden mussten“, sagte Müller gestern. Ein weiterer Schultag pro Woche könne helfen, die Unterrichtsausfälle der letzten Wochen zumindest teilweise zu kompensieren. „Wir müssen alles erdenklich Mögliche versuchen, um die Folgen für die Bildung unserer Kinder so gering wie möglich zu halten.“
Unterstützung bekam Müller gestern von Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Es sei denkbar, dass Unterricht bis zu den Sommerferien auch mal an einem Sonnabend stattfinden könnte, sagte Prien im Deutschlandfunk. „Das muss jetzt besprochen werden.“ Die AfD-Landtagsfraktion Brandenburg hatte sich bereits vor zwei Wochen für Unterricht auch sonnabends ausgesprochen.
Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) sagte, der Vorschlag für eine 6-Tage-Woche spiele „in den aktuellen Überlegungen“ keine Rolle. Dies hätte weitreichende Folgen für die Arbeitszeitregelungen der Lehrer. Die Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW, Eva Gerth, sagte, eine verpflichtende Ausweitung der Arbeitszeit wäre angesichts des Lehrermangels und der Altersstruktur „ein völlig falsches und fatales Signal“. SPD-Fraktionschefin Katja Pähle: „Erstmal müssen Erfahrungen gesammelt werden, bevor man scheinbare Patentrezepte auf den Markt wirft.“ Ein behutsames, schrittweises Vorgehen sei erforderlich. Die AfD fordert hingegen, die Schulen müssten „umgehend“ zum Normalbetrieb zurückkehren. Hans-Thomas Tillschneider: „Dies ist die einzige Möglichkeit, Rückstände aufzuholen.“ Linke-Fraktionschef Thomas Lippmann plädiert für eine baldige Entscheidung, „dass erst einmal wieder alle Schüler den Unterricht aufnehmen können und in der Schule in halber Klassenstärke wieder strukturiert lernen“.
Der Landesschülerrat, Sprachrohr von 240 000 Schülern, lehnt derweil verpflichtende Abschluss-Prüfungen in diesem Schuljahr ab. „Wir sehen es als nicht vertretbar an, Schüler der Gefährdung einer Infektion mit dem Covid-19-Virus auszusetzen“, heißt es in einer Stellungnahme des Vorstands. Anfahrt und Aufenthalt in der Schule würden das Risiko einer Infektion in sich bergen. Es fehlten Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Trotz „home schooling“ seien nicht alle Schüler gut vorbereitet. Einige hätten kein Internet oder IT-Geräte, andere müssten auf Geschwister aufpassen. Der Vorstand fordert eine nur freiwillige Prüfungsteilnahme und als Alternative für Abiturienten ein Durchschnittsabitur. Dabei würde die Abi-Note auf Grundlage bereits erhaltener Zensuren vergeben.
Auch in Berlin macht der Landesschülerauschuss Front gegen Abi-Prüfungen. Rund 200 Schüler gehen dort juristisch gegen die Prüfungspflicht vor. Minister Tullner hält indes an den Prüfungen fest: „Ein Corona-Abitur wird es nicht geben.“
Volksstimme Magdeburg