Mehr als jeder Zehnte ohne Schulabschluss

Fast 2100 Schüler in Sachsen-Anhalt gelten als Abbrecher

Heute beginnt das neue Ausbildungsjahr. Viele aber scheitern bereits auf dem Weg zur Ausbildungsreife. Mehr als jeder Zehnte verließ die Schule zuletzt ohne Hauptschulabschluss.

Im Land steigt der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss nach Jahren der Entspannung wieder: Laut Bildungsministerium haben 2022 insgesamt 2070 Schüler die Schulen verlassen, ohne wenigstens einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben; für das abgelaufene Schuljahr liegen noch keine Daten vor. Bei 17 826 Abgängern insgesamt entsprach das 11,6 Prozent –der höchste Wert seit 2018. 2021 hatte die Schulabbrecherquote auch wegen Erleichterungen infolge der Pandemie noch bei 9,7 Prozent gelegen. Bereits mit diesem Wert lag das Land im Vergleich indes auf dem vorletzten Platz vor Bremen (10 %). Das Haus von Ministerin Eva Feußner(CDU) erklärt den Anstieg so:

Viele Förderschüler: SachsenAnhalt hat im Ländervergleich den höchsten Förderschulanteil bei Schülern mit Lern- oder geistiger Behinderung. Förderschulabgänger aber (2022:1052) erhalten dabei in der Regel Zeugnisse unterhalb des Hauptschulabschlusses und werden damit statistisch als Abbrecher gezählt.

Migration: Auch die Zuwanderung ausländischer Schüler ist laut Ministerium „ein wesentlicher Faktor“. Oft müsse wegen schlechter Sprachkenntnisse und Lernrückständen die Entscheidung getroffen werden, das Schuljahr zu wiederholen oder gleich an eine Berufsschule zu wechseln. Auch Schüler, die sich ohne Abschluss für Letzteres entscheiden, gehen in die Abbruchstatistik ein. Das Land verweist auf Gegenmaßnahmen.

Schulsozialarbeit: Mit dem von der EU kofinanzierten Programm „Schulerfolg sichern“ versucht Sachsen-Anhalt bereits seit 2008, die Abbruchquote zu drücken. Ab 2024 sollen sich die Kommunen an den Kosten beteiligen. Die meisten Städte und Kreise lehnen das ab.

Produktives Lernen (PL): An 24 Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im Land lernen Acht- und Neuntklässler, bei denen infrage steht, ob sie den Hauptschulabschluss schaffen, an drei Tagen pro Woche an „Praxislernorten“ – so in Betrieben. Eine Studie der Uni Magdeburg hatte genau das empfohlen. Laut Ministerium schaffen 80 Prozent der Teilnehmer später den Hauptschulabschluss dann doch. 2019/20 neu eingeführte sogenannte „Praxislerntage“ für Acht- und Neuntklässler zielen in eine ähnliche Richtung.

Personalnot: Die Linke sieht im Lehrermangel vor allem an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen einen unterschätzten Faktor. Die Unterrichtsversorgung lag hier mit rund 88 Prozent zuletzt weit unterhalb des vom Land angestrebten Ziels von 103 Prozent. Bei 100 Prozent geht man davon aus, dass Unterricht auch bei Krankheit eines Lehrers nicht ausfallen muss. Problematisch sei auch der Einsatz nicht ausreichend qualifizierter Seiteneinsteiger oder Studenten, sagte Bildungspolitiker Thomas Lippmann.

Volksstimme Magdeburg

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