Programm „Gemeinsam Klasse sein“ startet in Sachsen-Anhalt/ Angebot soll Schüler für Mobbing sensibilisieren
Der Klassenraum der Gemeinschaftsschule „Oskar Linke“ in Magdeburg ist voller Menschen: Groß ist das Interesse, wenn es um Mobbing an Schulen geht.
Um Schüler, Eltern und Lehrer noch stärker für das Thema zu sensibilisieren, soll in Sachsen-Anhalt das Projekt „Gemeinsam Klasse sein“ ab Beginn des nächsten Schuljahres an den Start gehen. Dieses Programm stellten Bildungsminister Marco Tullner und Steffi Suchant, Leiterin der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse, gestern in der Gemeinschaftsschule vor.
„Das Land Sachsen-Anhalt lässt die Schulen mit diesem Thema nicht alleine“, sagte Marco Tullner zur Begrüßung. Mobbing dürfe nicht erst zum Thema werden, wenn akute Fälle auftreten. „Sensibilisierung, Aufklärung und Prävention sind der richtige Weg“, fuhr er fort.
Handlungsbedarf sieht auch Steffi Suchant. „Mobbing macht krank“, ist sie sich sicher. Physische und psychische Erkrankungen seien die Folge. „Schüler, die Mobbing- erfahrungen gemacht haben, tragen das oft ihr ganzes Leben lang mit sich.“
Ronald Konrad, Schulleiter der Gemeinschaftsschule, erzählte von einer Veränderung im Miteinander der Schüler: „Früher hat man gesagt, es gibt Auseinandersetzungen, die bauen sich auf und lösen sich dann wieder. Heutzutage ist die Qualität allerdings oft eine andere.“
Das neue Programm löst die Anti-Mobbing-Koffer ab, die seit 2011 für die Schulen zur Verfügung standen. Dieses Angebot wurde bisher von rund 500 Schulen genutzt und entstand ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse.
Von dem neuen Online-Angebot erhofft sich Steffi Suchant, mehr Schulen erreichen zu können. „Mit dem Koffer stießen wir teilweise wirklich an Kapazitätsgrenzen. Und diese versuchen wir jetzt mit dem digitalen Angebot aufzuweichen. Jeder, der das möchte, kann darauf zugreifen“, erklärte sie.
Für das neue Projekt wurden die Inhalte der Anti-Mobbing-Koffer angepasst. So enthalten die Unterlagen nun mehr Informationen zur Rolle des Zuschauers und zum Thema Cybermobbing. „Dieses Thema nimmt eine extreme Dynamik auf“, sagte Steffi Suchant. Jeder Heranwachsende nutze mittlerweile das Internet, Kommunikation liefe größtenteils über Smartphones. „Die Gefahren, die da bestehen, dieses Medium zu nutzen, um andere auszugrenzen, werden immer größer.“ Die Problematik sei hier auch, dass diskreditierende Chatverläufe und Ähnliches gespeichert und einsehbar blieben. Das Internet „vergisst“ eben nichts. „Den Austausch über soziale Medien bekommen wir als Schule häufig nicht mit. Da müssen alle zusammenarbeiten, Eltern und Schule“, ergänzte Ronald Konrad.
Das Angebot „Gemeinsam Klasse sein“ beeinhaltet umfangreiche kostenfreie Materialien, mit denen interessierte Schulen bis zu fünf Projekttage gestalten können. Außerdem kommen Filmclips und Erzählvideos zum Einsatz, die den Schülern Lösungsmöglichkeiten für Konfliktsituationen aufzeigen und Regeln für ein respektvolles Miteinander vermitteln sollen.
Verbindlich für die am Projekt teilnehmenden Schulen sind vorherige Schulungen. Diese werden von 50 Beratungslehrkräften und Schulpsychologen durchgeführt.
Sachsen-Anhalt ist das erste Bundesland im Osten, welches das Programm „Gemeinsam Klasse sein“ einführt. Zeitgleich mit Sachsen-Anhalt wollen Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein starten.
Volksstimme Magdeburg