Land will Fachkräften, die sich bewähren, jetzt Aufstieg ermöglichen
Fast die Hälfte der Neu-Lehrer in Sachsen-Anhalt war 2022 Seiteneinsteiger. Ein Drittel allerdings scheidet nach kurzer Zeit wieder aus. Das Land will endlich mehr von ihnen halten.
Seiteneinsteiger werden an den Schulen im Land immer wichtiger: Im vergangenen Jahr kamen laut Bildungsministerium bereits 459 von 979 neu eingestellten Lehrern ohne klassische Ausbildung in den Beruf – das war fast jeder Zweite (47 Prozent). Die Zahl der unbefristet eingestellten Seiteneinsteiger stieg seit Dezember 2021 bis Jahresende 2022 von 1029 auf 1334 (bei gut 14000 Lehrern insgesamt). Die Personalakquise beschränkt sich dabei nicht mehr nur aufs Inland. Über zwei Headhunter-Agenturen hat das Land in einem Modellprojekt seit 2021 insgesamt 74 Neu-Lehrer gewonnen, vor allem in Europa. Kosten: 750000 Euro, mehr als 10000 Euro pro Kopf – laut Ministerium ist das trotzdem günstiger als einen Lehrer an der Uni auszubilden.
Künftig soll die Suche weltweit erfolgen. Je eine Million Euro sind dafür im Etat 2023 und 2024 beantragt. „Wir haben mit wenig gerechnet und sind froh über die Bilanz bei der Headhunter-Suche“, sagte Bildungsministerin Eva Feußner(CDU) der Volksstimme. Viele Seiteneinsteiger hören bislang allerdings schnell wieder auf. 150 waren es 2022. Von den 74 über Headhunter eingestellten Fachkräften schieden 27 wieder aus. Feußner will das ändern:
Ein-Fach-Lehrer: Akademiker mit nur einem ableitbaren Fach sollen voll ausgebildeten Lehrern leichter gleich gestellt werden.„Vor allem in Mangelbereichen brauchen wir da Lösungen“, sagte Feußner. Profitieren könnten ausländische Lehrer, aber auch Master oder Diplomer. Anders als in Deutschland ist in vielen Ländern die Lehramtsausbildung in nur einem Fach üblich. Feußner zufolge hat die Kultusministerkonferenz ihr Beratungsgremium, die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SKW), damit beauftragt, Vorschläge zur Anerkennung solcher Abschlüsse zu erarbeiten.
Bewährungsaufstieg: Seiteneinsteiger, die im Job länger erfolgreich sind, will Feußner „echten“ Lehrern gleichstellen – auch hier ohne zusätzliches Nachstudieren. Mecklenburg-Vorpommern geht bereits so vor.„Profitieren könnten vor allem Ältere, die für eine Verbeamtung nicht in Frage kommen– je nach Abschluss nach fünf, sieben oder zehn Jahren“, sagte Feußner.
Qualifizierung: Jüngere Seiteneinsteiger will die Ministerin per berufsbegleitendem Studium (Zweitfach) plus anschließendem Referendariat den Aufstieg ermöglichen. Angeboten werden bisher die Zweitfächer Deutsch, Englisch, Mathe, Physik und die Grundschulfächer. Chemie soll folgen. Zur Betreuung von Einsteigern im berufsbegleitenden Referendariat will das Land zudem verstärkt Lehrer in Rente gewinnen. Jüngere Kollegen sollen so entlastet werden. Die Opposition drückt aufs Tempo: „Ein Verlust von einem Drittel der Seiteneinsteiger kann sich das Land nicht leisten“, sagte Linke-Politiker Thomas Lippmann.„Dass schnell und entschieden etwas passieren muss, um diese wichtigen Leute zu gleichwertigen Lehrkräften zu machen und damit gleich zu bezahlen, ist einer der wenigen Punkte, über die ich mir mit Eva Feußner einig bin.“
Volksstimme Magdeburg