So teuer ist die Einschulung

Am Sonnabend starten Abc-Schützen / Pro Kind Kosten von mehr als 2000 Euro

Mehr als 2000 Euro zahlen Familien in Magdeburg und Halle durchschnittlich für den Start ihrer Abc-Schützen. Das kann sich nicht jede Familie leisten. Doch es gibt Hilfe und finanzielle Entlastung.

Schreibtisch 244 Euro, Schulranzen 179 Euro, die Schulbücher108 Euro – am Sonnabend werden in Sachsen-Anhalt 20 363 Kinder eingeschult. Was das deren Eltern kostet, ist für viele Familien schockierend. „Ich hatte damit gerechnet, dass die Einschulung viel kosten wird. Dass es dann tatsächlich so viel ist, hat mich schon etwas erschreckt“,sagt Wanja Mock, Mutter der sechsjährigen Amalia aus Halle. Allein für die Schleife an der Zuckertüte habe sie 15 Euro bezahlen müssen. „Dabei ist das nur eine Schleife!“ Insgesamt zahlt Mock 2044 Euro für den Schulstart.

Kristina Reiher aus Magdeburg geht es ähnlich. „Ich war tatsächlich ein bisschen erschrocken, was da so zusammengekommen ist“, sagt die Mutter. 937 Euro kostet sie die Einschulung für ihre sechsjährige Helena. Mit Feier sind es 2087 Euro (siehe Grafik oben). „Einen Großteil haben wir über die vergangenen Monate schon eingekauft, damit es nicht so viel auf einmal ist“, so die 35-Jährige. „Ranzen, Sporttasche, Federtasche, Brotdose und Trinkflasche bekommt unsere Tochter von Freunden und Familie geschenkt.“

Tatsächlich müssen Eltern für Schulmaterialien in diesem Sommer teilweise deutlich mehr ausgeben als noch im vergangenen Jahr. Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für Papierprodukte wie Schulhefte oder Zeichenblöcke im Juli um 13,6 Prozent gestiegen. Auch bei anderen Schulmaterialien wie Füllern, Stifte oder Farbkästen gingen die Preise nach oben. 7,6 Prozent mehr zahlen Eltern im Vergleich zum Vorjahr. Die Kosten für Schulbücher lagen 5,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahres.

„2000 Euro? Das finde ich Wahnsinn“, sagt Thekla Mayerhofer, Vorstandsvorsitzende des Grundschulverbandes Sachsen-Anhalt, auf Anfrage von Volksstimme und Mitteldeutscher Zeitung. Aber die Summe sei nicht unrealistisch, so die Pädagogin. Die Kosten für die Schule, die auf Eltern insbesondere bei der Einschulung, aber im Prinzip jedes Schuljahr zukommen, seien ein heikles Thema und werden auch im Grundschulverband diskutiert. „Bildung ist kostenlos, aber nicht umsonst“, sagt Mayerhofer mit Blick auf die jährlichen Materiallisten für Schüler von mehr als einer DIN-A4-Seite sowie die notwendigen Schulbücher und Arbeitshefte.

Ab der zweiten Klasse können Schulbücher für drei Euro ausgeliehen werden, Arbeitshefte dagegen werden von den Schülern ausgefüllt und sind daher nur einmal verwendbar. „Unser Appell an die Lehrer ist daher, maßvoll zu entscheiden, was wirklich gebraucht wird“, so Mayerhofer. „Es gibt nichts Frustrierenderes, als wenn Eltern feststellen, dass am Ende nur fünf Seiten des Arbeitsheftes ausgefüllt sind.“ Dass Eltern für ihr Kind das Beste wollen und entsprechend einkaufen, ist selbstverständlich. Der günstige Füller kratzt womöglich oder die Tinte läuft aus. So macht Schreibenlernen niemandem Spaß. Es sei ein ganz anderes Vergnügen, ein Bild mit den teureren Buntstiften auszumalen, als mit den billigsten, sagt Mayerhofer, die selbst seit mehr als zehn Jahren unterrichtet und fürihre Schüler auf eigene Kosten eine Ausleihstation für Schulmaterial eingerichtet hat. „Es gibt Kinder, die kommen fast täglich ohne Frühstück. Das ist die Realität“, sagt die Lehrerin. „Das ist die Bildungsgerechtigkeit, die wir noch haben.“ Mayerhofer appelliert daher auch an die Landespolitik zu überlegen, ob Eltern in Sachsen-Anhalt etwa mit einem Schuljahresanfangsbudget unterstützt werden könnten.

Manche Schulen haben indes schon umgestellt. Dort zahlen Eltern einen geringen Betrag für Material, das die Schule besorgt. Der Vorteil: Weniger Neid unter Schülern, und die Lehrer können sicher sein, dass Eltern das richtige Heft gekauft haben – tatsächlich kein leichtes Unterfangen bei einer Auswahl von neun verschiedenen Lineaturen bei Schulheften. Zudem gibt es staatliche Unterstützung in Sachen Finanzen. Bereits seit 2011 können Eltern über das Bildungspaket „Bildung und Teilhabe“ eine Kostenübernahme beantragen (siehe „Wie Eltern finanzielle Unterstützung bekommen“). Der Verwaltungsaufwand sei Rückmeldungen aus der Praxis zufolge eher gering, heißt es aus dem Sozialministerium Sachsen-Anhalt. In der Regel genüge es, der zuständigen Behörde die relevanten Nachweise rechtzeitig vorzulegen. Auch Schulsozialarbeiter, die es an vielen Schulen gibt, können Eltern unterstützen. Vor allem die, die für die Förderung im finanziellen Grenzbereich liegen. Die Kosten zu stemmen, sei für diese Familien besonders dramatisch, so Mayerhofer.

Volksstimme Magdeburg

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