Fachübergreifende Projektarbeit und digitale Medien statt Frontalunterricht und Klassenarbeiten: Schüler laden Politiker zum Schulentwicklungscamp nach Gardelegen ein, um ihre Ideen für modernen Unterricht zu präsentieren. Über soziale Netzwerke können sich alle Schüler in Sachsen-Anhalt mit Vorschlägen beteiligen.
von Christine Warnecke, MDR SACHSEN-ANHALT
Die „Neue Schule“ in Magdeburg erscheint auf den ersten Blick alles andere als neu. Ein heruntergekommener DDR-Bau, Modell „Erfurt“, von 1978. Bröckelnde Fassade, abplatzende Fensterfarbe, Räume, die mehr wie eine Anstalt denn eine Schule wirken. Doch drinnen werden moderne Konzepte gelebt. Es gibt Lernräume statt Unterrichtsfächer: Jeder Schüler stellt sich seinen Stundenplan individuell zusammen, lernt mit anderen Jahrgängen zusammen.
Projektarbeiten sollen an der einzigen reformpädagogischen Schule Magdeburgs sonst einzeln gedachte Fächer verbinden. „Unter Wasser“ zum Beispiel war so ein Projekt, erzählt Achtklässler Mathis. „Die Vorstellung war, dass in der Zukunft die Welt überflutet ist und wir Lösungen erarbeiten müssen, wie man dann leben kann.“ Fragen aus Bio, Physik und Chemie seien dabei behandelt worden.
Räumlichkeiten lassen kaum alternative Unterrichtsformen zu
Für Schulleiterin Nadine Wohmann ist das ein natürlicherer Weg zu lernen als etwa durch Frontalunterricht: „Als Kleinkind lernen wir auch nicht nach einem festgesteckten Plan.“ Doch gerade in ihrer Schule seien die alten Räume für andere Formen als Frontalunterricht kaum zu gebrauchen. Im Rahmen der Möglichkeiten versuchen sie neue Wege: Sitzsäcke etwa, auf denen beim Lernen entspannter gesessen werden kann als auf normalen Stühlen.
Den Magdeburger Schülern fallen gleich mehrere Dinge ein, die Schule angenehmer machen würden: große Tische für Gruppen- und Projektarbeiten, Sofas oder Sitzsäcke, mehr Arbeit mit Laptops. Es gibt noch einen grundlegenden Wunsch: den Druck durch Tests und Klassenarbeiten zu reduzieren. „Man presst sich das Wissen in den Kopf und zwei Tage später hat man alles vergessen“, sagt Schülerin Rosa. Auch da könnte Projektarbeit helfen, meinen die Schüler.
Politiker sind eingeladen: mit dem Bus nach Gardelegen
Schüler verteilen Einladungen im Schuhkarton zum Schulentwicklungscamp an Landespolitiker.Bildrechte: Schulentwicklungscamp
All ihre Wünsche und konkreten Ideen wollen die Schüler den Landtagsabgeordneten präsentieren – im Geschwister-Scholl-Gymnasium Gardelegen. Das steht beispielhaft für viele Probleme: schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, sodass der Busfahrplan den Schul-Rhythmus diktiert, Lehrermangel, Abwanderung und Überalterung in ländlichen Gebieten.
Am 5. September wird daher ein Bus Abgeordnete vor dem Landtag abholen und nach Gardelegen fahren. Dort werden zwei Tage lang in Camps Ideen entwickelt und diskutiert – gemeinsam mit Wissenschaftlern, Beteiligten aus der Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Bereichen. Ideen können Schüler aus ganz Sachsen-Anhalt schon jetzt über soziale Netzwerke (#enterschool) einreichen.